Bodenarbeit mit Pferden - so geht es richtig

Die Bodenarbeit mit dem Pferd hat sich längst im Alltag mit Pferden etabliert. Bei den gemeinsamen Übungen wird nicht nur die Bindung und das Vertrauen zwischen Zwei- und Vierbeinern gestärkt. Das Pferd lernt, gelassener zu bleiben und trainiert gleichzeitig Muskulatur und Gleichgewicht. Doch was genau versteht man unter Bodenarbeit? Welche Übungen gibt es und wie funktionieren sie? All das und mehr erfährst Du, wenn Du weiterliest.
Was ist Bodenarbeit mit dem Pferd und warum ist sie wichtig?
Bei der Beziehung zwischen Mensch und Pferd stehen ein respektvolles Miteinander und gegenseitiges Verständnis stets im Vordergrund. Egal welche Rasse, ob jung oder alt, Sport- oder Freizeitpferd: Jedes Pferd sollte gewisse Grundlagen im Umgang mit seinen zweibeinigen Partnern kennen. Und auch der Mensch muss das Pferd und seine Verhaltensweisen verstehen. Für die Sicherheit des Menschen, aber auch des Tieres ist dies unerlässlich. Diese Grundlagen sowie eine vertrauensvolle Beziehung zueinander zu stärken, ist oberstes Ziel der Bodenarbeit. Außerdem soll sie die Sensibilität des Pferdes fördern, sodass es auf Hilfen leichter reagiert. Gleichzeitig unterstützen einige Übungen vom Boden aus, dass das Pferd gelassener bleibt. Und nicht zuletzt werden so Muskulatur und Gleichgewicht trainiert – die Bodenarbeit ergänzt damit das Training unter dem Sattel und ist z. B. zum Antrainieren nach einer Verletzungspause hilfreich. Frage aber am besten zuvor den Tierarzt, ob sich die Übungen für Dein Pferd eignen.
Es gibt verschiedene Arten von Bodentraining:
- klassische Handarbeit (z. B. Führtraining): Das Pferd erlernt ohne das Reitergewicht neue Bewegungsmuster kennen, z.B. Seitwärts gehen. Beim Führen lernt es, auf Dich achtzugeben.
- Longenarbeit: Hierbei wird das Pferd ebenfalls ohne Gewicht auf dem Rücken gymnastiziert und Muskulatur aufbauen.
- Langzügelarbeit: Der Mensch hält das Pferd an langen Zügeln und geht mit ausreichend Sicherheitsabstand hinter ihm her. Eine gute Möglichkeit, um Dressurlektionen zu praktizieren.
- Zirkuslektionen: Mit spanischem Gruß oder anderen Tricks wird das Pferd auch kognitiv gefordert und kann sich über eine spannende Abwechslung freuen.
- Gelassenheitstraining: Mithilfe von Regenschirmen, Flatterbändern und Co. lernt das Pferd, weniger schreckhaft zu sein und nicht gleich zu flüchten, wenn ihm ein Gegenstand nicht geheuer ist.
- Agility: Dazu zählt Freiarbeit mit verschiedenen Hindernissen, z. B. einem Podest, auf das das Pferd sich stellt. Das fördert das Vertrauen zwischen Mensch und Pferd.
Bodenarbeit – praktische Übungen
Die folgenden Übungen sind anschauliche Beispiele für die Bodenarbeit mit dem Pferd. Du beginnst am besten zunächst mit dem Führstrick und versuchst, ihn später wegzulassen, um frei mit Deinem großen Freund arbeiten zu können.
Vorwärts geht immer
Diese Übung sieht wie folgt aus: Dein Pferd bewegt sich vorwärts, wenn Du ihm ein Zeichen gibst. Ziel ist, dass Dein Pferd sensibilisiert und aufmerksam wird. Dazu gibt es zwei verschiedene Varianten. Bei der ersten stehst Du auf der Höhe der Schulter Deines Pferdes. Neige Deinen Oberkörper leicht nach vorne. Übe Druck auf das Halfter aus, indem Du den Führstrick in Laufrichtung nach vorne ziehst. Erst, wenn Dein Pferd darauf reagiert, machst Du ebenfalls einen Schritt nach vorne.
Bei der anderen Variante stellst Du Dich frontal zum Pferd hin. Verwende eine Gerte und nimm gerade so viel Abstand ein, dass Du mit der Gerte noch die Schulter des Pferdes erreichst. Tippe nun mit der Gerte auf die Schulter des Pferdes. Wenn es sich nicht bewegt, übe minimal Zug auf die Führungsleine aus. Bei beiden Varianten gilt: Mache bei jedem Schritt eine kurze Pause zum Belohnen. Auf kurz oder lang kannst Du den Führstrick weglassen, wenn Dein Pferd auf Deine Körperbewegung oder die Gerte reagiert.
Unser Tipp für Pferdefreunde:
Gut, wenn alles glattläuft. Geht Dein Liebling dennoch einmal durch, schützt Dich die Pferdehaftpflicht vor möglichen Schadensersatzforderungen anderer Personen oder Pferdehalter.
Rückwärts ist nicht einfach
Pferde bewegen sich ungern rückwärts. Sie sind vom Wesen her Fluchttiere und schätzen es nicht, wenn sie in eine Richtung gehen sollen, die sie nicht einsehen können. Daher ist diese Übung bei der Bodenarbeit mit Pferden ein kleiner Vertrauensbeweis. Du erhöhst Deine Körperspannung, der Oberkörper weicht leicht nach hinten zurück. Übe gleichzeitig Zug auf das Führungsseil aus, und zwar abwechselnd nach oben und nach hinten. Es entsteht ein leichter Druck auf den Nasenrücken des Pferdes. Wenn Dein Pferd in dieser Situation einen Schritt nach hinten macht, bewegst Du Dich ebenfalls einen Schritt nach hinten. Hier gilt besonders: Lobe Dein Pferd. Lasse Deinem Liebling nach jedem erfolgten Schritt eine kleine Belohnung zukommen.
Das Stehenbleiben

Hier ist das Ziel, dass Dein Pferd dort stehenbleibt, wo Du es anordnest. Das klappt irgendwann ohne Strick. Ein Beispiel ist das Putzen des Pferdes. Hier muss es an einer bestimmten Stelle stehenbleiben, ohne wegzulaufen. Dein Pferd lernt, dass der Platz, an dem Du es abstellst, sicher ist.
Nimm Dir ein begrenztes Areal vor und stell darin kleine Hütchen auf. Du führst Dein Pferd am lockeren Strick und stoppst an einem der Hütchen, indem Du selbst stehen bleibst und ein gut verständliches Kommando abgibst, wie beispielsweise ein langgezogenes „Halt“. Bau Körperspannung auf und führe Deine Innenhand in Richtung Brust des Pferdes. Lässt sich Dein Pferd ablenken oder es stupst Dich an, erfolgt ein Kommando, etwa ein „Nein“, und Du zupfst kurz an der Leine. Wiederhole diese Aktion, bis Dein Pferd stillsteht. Kommt Dein Pferd zur Ruhe, lege die Leine um das Halfter. Gehe um Dein Pferd herum und halte mit der Hand Kontakt mit ihm. Das schafft Vertrauen. Belohne Deinen Liebling und vergrößere den Abstand Schritt für Schritt. Es dauert nicht lange, bis Dein Pferd versteht, dass es entspannt dort ausharren kann, wo Du es hinstellst.
Das Folgen

Ein weiterer Baustein im Rahmen der Freiarbeit mit Pferden ist das Folgen. Dein Pferd soll auf ein bestimmtes Signal reagieren und Dir folgen. Dabei passt es sich Deiner Laufgeschwindigkeit und Laufrichtung an.
Bau mit Pylonen einen Slalomparcours auf. Lege Deinem Pferd das Halfter an und führe es am durchhängenden Strick durch den Parcours. Achte auf Deine Körperhaltung, damit Dein Pferd die Änderung Deiner Richtung erkennen kann. Schaue in die Richtung, die Du einschlagen willst und drehe den Körper deutlich in diese Richtung. Halte die Leine in beiden Händen, wobei die Hand zur Seite des Pferdes in die Laufrichtung zeigt.
Bewältigt Dein Pferd den Parcours, gönne ihm eine kleine Pause. Eine Belohnung schadet nicht. Es soll Deinem Pferd Spaß machen. Ist Dein Pferd nicht aufmerksam, ziehe leicht den Strick an, sodass Dein Pferd geringen Zug verspürt. So ziehst Du die Aufmerksamkeit auf Dich. Vergrößere oder verkleinere den Abstand der Pylonen, dass sich der Parcours ändert. Klappen die Übungen, lege die Leine locker um den Hals, dass diese nicht auf dem Boden schleift und Du sie noch packen kannst, falls Dein Liebling ausbüxen will.
Das Herkommen

Dahinter steckt die Idee, dass Dein Pferd aus eigener Entscheidung zu Dir kommen soll. Dazu überlistest Du Dein Pferd – mache es neugierig. Betritt die Weide so, als wenn Du Dich überhaupt nicht für das Pferd interessierst. Beschäftige Dich mit der Umzäunung, der Tränke oder mit dem hohen Gras. Ansonsten denkt Dein Pferd, Du kommst zu ihm, wenn Du etwas von ihm willst. Warte ab, ob Dein Pferd zu Dir kommt.
Geschieht das nicht, gehe ruhig in die Offensive. Bewege Dich auf Dein Pferd zu und zeige in seine Richtung. Reicht das nicht, setze mehr Energie ein und rudere beispielsweise mit den Armen. Wenn Dein Pferd sich abwendet, lasse nicht von Deinem Tun ab. Dein Pferd soll erkennen, dass es Dich nicht loswird. Wenn Dein Pferd sich stattdessen Dir zuwendet, ziehst Du Dich ein Stück zurück. Deinem Pferd suggerierst Du, dass Du auf sein Verhalten reagierst. In Wirklichkeit bist Du gedanklich einen Schritt voraus. Damit verbunden kommt Dein Pferd aus Neugier auf Dich zu.
Übungen mit dem Podest
Es mutet wie eine Zirkuslektion an und hilft dabei, dem Pferd Sicherheit zu gewinnen. Stelle auf der Weide ein Podest auf. Groß genug, damit Dein Pferd darauf steigen kann. Diese Übung praktizierst Du ohne Seil, lasse Dein Pferd Mut entwickeln. Gehe mit Deinem großen Freund langsam zum Podest.
Kommst Du am Podest an, bleibst Du kurz stehen. Dann setzt Du einen Schritt vor, sodass Dein Pferd parallel einen Huf darauf setzen muss. Lobe Deinen Partner und bewege Dich einen Schritt zurück. Nun kann Dein Pferd den Huf vom Podest herunternehmen. Bewege Dich weiter vor, damit Dein Liebling beide Vorderhufe auf das Podest stellt. Nach diesem Schritt ist ein kräftiges Lob fällig. Schließlich kostet es Dein Pferd Überwindung, mit solchen künstlichen Hindernissen umzugehen. Führe diese Übung durch, bis sich Dein Pferd aufgrund Deiner Vor- und Rückwärtsbewegungen vollständig auf das Podest begibt.
Ein Zirkelspiel
Für die Koordination des Pferdes ist das Zirkelspiel ideal. Dein Pferd lernt dabei, bestimmte Richtungen auf kleinstem Raum einzuschlagen. Diese Übungen führst Du ohne Leine durch, da die Basis- und die Freiübungen sitzen. Stelle Dich neben Dein Pferd und beschreibe beim Gehen einen weiten Kreis. Dabei bleibt das Pferd auf der Außenseite des zu beschreibenden Kreises. Es soll Deinen Bewegungen folgen. Ziehe die Kreise enger, bis Du Dich selbst auf der Stelle drehst. Dabei verlierst Du nicht Deine Geschwindigkeit aus dem Auge. Dein Pferd soll sich auf Augenhöhe bewegen. Halte mit Deiner Drehbewegung inne und weise mit dem ausgestreckten Arm Dein Pferd an, sich weiterzubewegen. Dabei strahlst Du absolute Ruhe und Souveränität aus. Macht Dein Pferd ein paar weitere Schritte im Kreis, lobe es ausgiebig. Verlängere die Übung, bis Dein Pferd einen vollständigen Kreis um Dich herum zieht.
Freies Spielen auf der Wiese
Damit Dein Pferd wahrnimmt, wie sehr Du Dich mit ihm beschäftigst, lasse es einfach zwischendurch herumtoben. Vorausgesetzt, es ist auf der Weide genug Platz vorhanden. Mache einfach mal die Bewegungen Deines Pferdes nach. Dein Pferd lockert dabei vollkommen auf und entspannt sich. Es erkennt die Beziehung zwischen Euch. Nutze die Gelegenheit und spiele mit Deinem Pferd und einem Ball oder tobe einfach mit Deinem Liebling herum. Das Schöne an der Freiarbeit ist, dass Du Dich ohne Hilfsmittel wie Leine oder Halfter bewegst und nach Herzenslust spielen und kommunizieren kannst. Das Vertrauen Deines Pferdes baut sich immer mehr auf, mögliche Spannungen lösen sich und Du findest heraus, wie gut die Beziehung zu Deinem Pferd ist.