Kreuzverschlag beim Pferd - eine Erkrankung der Muskulatur

Kreuzverschlag - für Pferdebesitzer ein echtes Schreckensgespenst. Denn mit der Erkrankung der Muskulatur ist nicht zu spaßen. Sie ist nicht nur sehr schmerzhaft für das Pferd, sondern kann im schlimmsten Fall tödlich enden. Welche Ursachen ein Kreuzverschlag beim Pferd hat, wie Du ihn erkennst, welche Behandlung hilft und wie Du der Krankheit vorbeugen kannst, verrät Dir dieser Beitrag.
Kreuzverschlag beim Pferd - Definition und Formen
Kreuzverschlag beim Pferd ist eine Muskelerkrankung, die auch unter den Bezeichnungen Belastungsmyopathie, Lumbago, Nierenverschlag oder Tying up bekannt ist. Weil sie früher hauptsächlich bei Zugpferden oder Grubenponys auftrat, wenn sie nach einem oder mehreren Ruhetagen wieder zur Arbeit eingesetzt wurden, wird sie auch Feiertagskrankheit genannt.
Beim Kreuzverschlag zerfallen Muskelzellen des Pferdes. Man unterscheidet verschiedene Verlaufsformen:
Sporadisch Akuter Kreuzverschlag (SER - Sporadic Exertional Rhabdomyolysis)
Die sporadische Form kann alle Pferderassen und Typen betreffen. Häufig tritt sie jedoch bei Distanz- und Vielseitigkeitspferden auf. Ebenfalls können Freizeitpferde, die stark gefüttert werden und gleichzeitig selten, dann jedoch übermäßig bewegt und belastet werden, darunter leiden.
Wiederkehrender Belastungsbedingter Kreuzverschlag (RER -Recurrent Extertional Rhabdomyolysis)
Die chronische Verlaufsform des Kreuzverschlags ist vererbbar und tritt vermehrt bei Vollblütern und Stuten auf. Auch bei Rennpferden, gut trainierten Pferden und bei eher nervösen Tieren ist diese Form häufiger zu beobachten. RER verläuft in der Regel milder.
Kohlenhydratspeicherkrankheit (PSSM)
Die Muskelstoffwechselstörung PSSM (Polysaccharid Speicher Myopathie) ist ebenfalls eine erblich bedingte Störung und kann einen Kreuzverschlag beim Pferd auslösen. Sie ähnelt der wiederkehrenden Form RER und tritt vor allem bei amerikanischen Pferderassen und Kaltblütern auf.
So entsteht ein Kreuzverschlag beim Pferd
Der Sporadisch Akute Kreuzverschlag (SER) wird durch Trainingsfehler und eine falsche Fütterung ausgelöst. Er tritt meistens während des Trainings nach einem Ruhetag auf - vor allem, wenn das Kraftfutter während der Pause nicht entsprechend reduziert wurde. Die Kohlenhydrate im Kraftfutter werden zu Glykogen umgewandelt und in den Muskeln als Energiequelle gespeichert. Durch körperliche Anstrengung wird in kurzer Zeit viel Glykogen um- und abgebaut. Zu große Mengen kann der Stoffwechsel jedoch nicht bewältigen, sodass sich Milchsäure bildet und die Muskeln schädigt. Zunächst entsteht ein Ödem innerhalb der Muskelzellen, später werden diese zerstört. Der dadurch freigesetzte Muskelfarbstoff Myoglobin führt zu einer Veränderung des Harns. Auch ein durch eine Infektion geschwächtes Immunsystem, übermäßiges Training und zu kurze Aufwärmphasen können einen akuten Kreuzverschlag zur Folge haben.
Bei RER und dem Kreuzverschlag durch PSSM spielen genetisch bedingte Faktoren eine Rolle. Durch starkes Schwitzen beim Training oder auch bei nervösen Pferden, die ebenfalls viel schwitzen und zudem häufig Muskelzittern haben, kommt es zu einem Mineralstoff- und Vitaminverlust, vor allem von Vitamin E und Selen, sowie zu einem gestörten Elektrolytgleichgewicht (vor allem Calcium und Phosphor). Dadurch wird der Kreuzverschlag ausgelöst. Bei an PSSM leidenden Pferde wird Energie nicht als Glykogen in den Muskelzellen gespeichert, sondern als Vielfachzucker, den die Zellen nicht direkt verarbeiten können.
So äußert sich ein Kreuzverschlag beim Pferd
Ein Kreuzverschlag beim Pferd kann sich durch verschiedene Symptome äußern, die je nach Form und Verlauf unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Ebenso äußern sie sich je nach Schwere des Kreuzverschlags etwa 5 bis 30 Minuten nach Trainingsbeginn. Die häufigsten Anzeichen bei SER sind:
Leichte Form
- das Pferd wirkt verkrampft
- das Pferd ist steif
- der Rücken ist verspannt
- das Pferd ist unruhiger
- der Harn ist strohgelb
- Symptome sind leicht mit denen einer Kolik zu verwechseln
Mittelschwere Form
- das Pferd wirkt zunächst langsamer und steifer
- es bleibt plötzlich stehen und weigert sich, weiterzugehen
- das Pferd schwitzt
- die Muskulatur vor allem an der Kruppe wirkt hart, das Pferd reagiert empfindlich, wenn man sie berührt
Schwere Form
- Bewegungsunwilligkeit
- starke Unruhe und Angst
- Koordinationsschwierigkeiten der Hinterbeine
- sehr starke Schweißausbrüche
- das Pferd legt sich hin
- Muskelkrämpfe oder angeschwollene Muskeln, verbunden mit starken Schmerzen
- schnelle Atmung
- dunkelbrauner Harnabsatz
- Fieber
- Herzrasen
- gerötete Schleimhäute
Bei den chronischen Verlaufsformen RER und PSSM bemerkt man einen Kreuzverschlag oft erst später, da die Anzeichen weniger stark sind. Die Pferde sind träge, steifer, weniger willig beim Training und schwitzen schneller.
Erste Hilfe: Was tun bei einem Verdacht auf Kreuzverschlag?
Zeigt Dein Pferd mehrere der oben genannten Symptome, brich das Training sofort ab und führe Dein Tier, sofern es möglich ist, zurück in den Stall. Rufe bei einem Ausritt jemanden aus dem Stall an und bitte ihn, Dein Pferd und Dich mit dem Hänger abzuholen. Sofern Dein Pferd nicht überhitzt ist, solltest Du ihm eine Decke auflegen, damit die schmerzende Muskulatur sich etwas entspannen kann. Verständige außerdem umgehend den Tierarzt. Denn jetzt ist schnelle medizinische Hilfe entscheidend, damit Dein Pferd keine Muskel- oder Nierenschäden davonträgt. Im schlimmsten Fall und unbehandelt kann ein Kreuzverschlag beim Pferd sogar tödlich enden. Hast Du zuvor eine Pferdekrankenversicherung abgeschlossen, musst Du Dir um die Kosten für die Untersuchung und Behandlung keine Sorgen machen.
Diagnose und Behandlung beim Kreuzverschlag
Ein Kreuzverschlag beim Pferd kann zunächst für eine Kolik oder eine Verletzung gehalten werden. Der Tierarzt wird Dein Pferd eingehend abtasten und dann eine Blutprobe entnehmen. Liegt ein Kreuzverschlag vor, ist die Anzahl der Muskelenzyme im Blut deutlich erhöht. Bei den chronischen Varianten RER und PSSM liefert eine Muskelbiopsie am sedierten Pferd Aufschluss. PSSM kann auch mit einem Gentest zum Beispiel durch eine Haarprobe entdeckt werden.
Zur Therapie verabreicht der Tierarzt dem Pferd Infusionen, die den Flüssigkeits- und Elektrolytverlust ausgleichen und schädliche Stoffe aus dem Körper transportieren. Außerdem helfen Schmerzmittel, Entzündungshemmer und durchblutungsfördernde Medikamente.
Die nächsten Tage oder Wochen sollte Dein Pferd geschont werden, aber auf keinen Fall nur in der Box stehen. Spaziergänge tragen zur Genesung bei und sorgen dafür, dass Dein Pferd nicht ganz aus dem Training kommt. Denn sonst ist die Gefahr zu groß, dass sich ein neuer Kreuzverschlag anbahnt, sobald Du es wieder reitest. Nach ca. 14 Tagen wird der Tierarzt mit einer Blutuntersuchung die Muskelwerte erneut überprüfen. Liegt alles wieder im Normalbereich, kannst Du langsam wieder ins Reittraining einsteigen.
Die chronischen Verlaufsformen RER und PSSM hingegen sind Stoffwechselerkrankungen und nicht heilbar. Durch bestimmte Maßnahmen ist es jedoch möglich, Kreuzverschläge zu verhindern und die Pferde weiterzureiten.
Wie kann man einem Kreuzverschlag beim Pferd vorbeugen?
Einen akuten Kreuzverschlag kann man durch ein richtig aufeinander abgestimmtes Füttern und Trainieren weitestgehend verhindern. Pferde sollten immer im Hinblick auf ihr Bewegungspensum gefüttert werden. Frage am besten Deinen Tierarzt bei der Erstellung eines Fütterungs- und Trainingsplans um Rat. Achte außerdem darauf, dass Dein Pferd regelmäßig bewegt sowie gründlich aufgewärmt wird und Belastungssteigerungen langsam und schrittweise erfolgen.
Pferde, die an den chronischen Formen erkrankt sind, sollten spezielles, kohlenhydratarmes Diätfutter erhalten. Nahrungsergänzungsmittel, die die Versorgung mit Vitamin E und Selen gewährleisten, können ebenfalls unterstützen. Auch dabei solltest Du unbedingt Deinen Tierarzt zurate ziehen. Gib auch darauf acht, dass Dein Pferd möglichst wenig Stress hat. So kannst Du Dich hoffentlich noch lange an gemeinsamen Ritten mit Deinem Partner auf vier Hufen erfreuen!
