Bodenarbeit mit Pferden

Zwischen Mensch und Pferd ist eine enge Beziehung wichtiger und stärker als jedes Führungsseil. Damit das Pferd sich frei von Führungsseilen, Stricken oder Leinen bewegt, ist viel gegenseitiges Vertrauen notwendig. Dieses Vertrauen stellst Du durch die Bodenarbeit mit Pferden her. Es ist das gemeinsame Arbeiten ohne Hilfsmittel.
Alter des Pferdes und des Menschen spielen keine Rolle. Es geht darum, ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln.
Dafür ist wichtig, dass Dein Pferd die Regeln der Erziehung beherrscht. Dein Pferd kann am Strick laufen und Du musst bei einem Stopp oder Richtungswechsel nicht am Halfter oder der Leine ziehen. Es reagiert auf Deine Kommandos und vertraut Dir. Dann eignen sich die nachfolgenden Übungen, um die Grundlagen der Freiarbeit zu erlernen. Fang bei diesen Übungen mit dem Seil als Führung an und lass es später weg.
Vorwärts geht immer
Das Ziel der Übung sieht wie folgt aus: Dein Pferd bewegt sich vorwärts, wenn Du ihm ein Zeichen gibst. Ziel der Übung ist, dass Dein Pferd sensibilisiert und aufmerksam wird. Dazu gibt es zwei verschiedene Varianten. Bei der ersten Variante stehst Du auf der Höhe der Schulter Deines Pferdes. Neige Deinen Oberkörper leicht nach vorne. Übe Druck auf den Halfter aus, indem Du den Führungsstrick in Laufrichtung nach vorne ziehst. Erst wenn Dein Pferd darauf reagiert, machst Du ebenfalls einen Schritt nach vorne.
Eine andere Variante ist die Einnahme der Position frontal zum Pferd. Verwende eine Gerte und nimm gerade so viel Abstand ein, dass Du mit der Gerte noch die Schulter des Pferdes erreichst. Tipp nun mit der Gerte auf die Schulter des Pferdes. Wenn es sich nicht bewegt, übe minimal Zug auf die Führungsleine aus. Bei beiden Varianten gilt: Mach bei jedem Schritt eine kurze Pause zum Belohnen. Auf kurz oder lang kannst Du das Führungsseil weglassen, wenn Dein Pferd auf Deine Körperbewegung oder die Gerte reagiert.
Unser VS.Tipp für Pferdefreunde:
Gut, wenn alles glatt läuft. Gehen mit Deinem Liebling die Pferde durch, schützt Dich die Pferdehaftpflicht vor möglichen Schadensersatzforderungen anderer Personen oder Pferdehalter.
Rückwärts ist nicht einfach
Pferde bewegen sich ungern rückwärts. Sie sind vom Wesen her Fluchttiere und schätzen es nicht, wenn sie sich in eine Richtung bewegen sollen, die sie nicht einsehen können. Daher ist diese Übung bei der Bodenarbeit mit Pferden ein kleiner Vertrauensbeweis. Du erhöhst Deine Körperspannung, der Oberkörper weicht leicht nach hinten zurück. Übe gleichzeitig Zug auf das Führungsseil aus und zwar abwechselnd nach oben und nach hinten. Es entsteht ein leichter Druck auf den Nasenrücken des Pferdes. Wenn Dein Pferd in dieser Situation einen Schritt nach hinten macht, bewegst Du Dich ebenfalls einen Schritt nach hinten. Hier gilt besonders: Lob Dein Pferd, denn diese Form der Bewegung mag es nicht. Lass Deinem Liebling nach jedem erfolgten Schritt eine kleine Belohnung zukommen.
Bodenarbeit mit Pferden: die Alltagsübungen
Nun wollen wir einen Schritt weitergehen und einige Alltagsübungen bei der Freiarbeit mit Pferden vorstellen. Voraussetzung ist, dass Dein großer Liebling die Grunderziehung beherrscht. Dein Pferd lässt sich das Halfter überstreifen und folgt Dir an der Leine, ohne dass Du diese anziehst. Dazu bewegt sich Dein Pferd nach links oder rechts, so, wie Du es vorgibst.
Das Stehenbleiben

Hier ist das Ziel, dass Dein Pferd dort stehenbleibt, wo Du es anordnest. Das klappt irgendwann ohne Leine. Ein Beispiel ist die Fellpflege oder das Putzen des Pferdes. Hier muss es an einer bestimmten Stelle stehenbleiben, ohne wegzulaufen. Dein Pferd lernt, dass der Platz, an dem Du es abstellst, sicher ist.
Nimm Dir ein begrenztes Areal vor und stell innerhalb des Areals kleine Hütchen auf. Du führst Dein Pferd am lockeren Strick und stoppst an einem der Hütchen, indem Du selber stehen bleibst und ein gut verständliches Kommando abgibst wie beispielsweise ein langgezogenes „Halt“. Bau Körperspannung auf und führ Deine Innenhand in Richtung Brust des Pferdes. Lässt sich Dein Pferd ablenken oder es stupst Dich an, erfolgt ein Kommando, etwa ein „Nein“, und Du zupfst kurz an der Leine. Wiederhol diese Aktion, bis dein Pferd still steht. Kommt Dein Pferd zur Ruhe, leg die Leine um das Halfter. Geh um Dein Pferd herum und halte mit der Hand Kontakt mit Deinem Pferd. Das schafft Vertrauen. Belohn Deinen Liebling und vergrößre den Abstand Schritt für Schritt. Es dauert nicht lange, bis Dein Pferd versteht, dass es entspannt dort ausharren kann, wo Du es hinstellst.
Das Folgen

Ein weiterer Baustein im Rahmen der Freiarbeit mit Pferden ist das Folgen. Dein Pferd soll auf ein bestimmtes Signal reagieren und Dir folgen. Dabei passt es sich Deiner Laufgeschwindigkeit und Laufrichtung an.
Bau mit Pylonen einen Slalomparcours auf. Leg Deinem Pferd das Halfter an und führ es am durchhängenden Strick durch den Parcours. Achte auf Deine Körperhaltung, damit Dein Pferd die Änderung Deiner Richtung erkennen kann. Schau in die Richtung, die Du einschlagen willst und dreh den Körper deutlich in diese Richtung. Halt die Leine in beiden Händen, wobei die Hand zur Seite des Pferdes in die Laufrichtung zeigt.
Bewältigt Dein Pferd den Parcours, gönn ihm eine kleine Pause. Eine Belohnung schadet nicht. Es soll Deinem Pferd Spaß machen. Ist Dein Pferd nicht aufmerksam, zieh leicht den Strick an, sodass Dein Pferd geringen Zug verspürt. So ziehst Du die Aufmerksamkeit auf Dich. Vergrößre oder verkleinre den Abstand der Pylonen, dass sich der Parcours ändert. Klappen die Übungen, leg die Leine locker um den Hals, dass diese nicht auf dem Boden schleift und Du die Leine noch packen kannst, falls Dein Liebling ausbüxen will.
Das Herkommen

Dahinter steckt die Idee, dass Dein Pferd aus eigener Entscheidung zu Dir kommen soll. Dazu überlistest Du Dein Pferd – mach Dein Pferd neugierig. Betritt die Weide so, als wenn Du Dich überhaupt nicht für das Pferd interessierst. Beschäftige Dich mit der Umzäunung, der Tränke oder mit dem hohen Gras. Ansonsten denkt Dein Pferd, Du kommst zu ihm, wenn Du etwas von ihm willst. Warte ab, ob Dein Pferd zu Dir kommt.
Geschieht das nicht, geh ruhig in die Offensive. Beweg Dich auf Dein Pferd zu und zeig in seine Richtung. Reicht das nicht, setz mehr Energie ein und ruder beispielsweise mit den Armen. Wenn Dein Pferd sich abwendet, lass nicht von Deinem Tun ab. Dein Pferd soll erkennen, dass es Dich nicht loswird. Wenn Dein Pferd sich stattdessen Dir zuwendet, ziehst Du Dich ein Stück zurück. Deinem Pferd suggerierst Du, dass Du auf sein Verhalten reagierst. In Wirklichkeit bist Du gedanklich einen Schritt voraus. Damit verbunden kommt Dein Pferd aus Neugier auf Dich zu.
Für Fortgeschrittene: die freien Übungen bei der Bodenarbeit mit Pferden
Wenn in den vorangegangenen Übungen alles gut verläuft, geht es nun an die Feinheiten. Mit den Freiübungen siehst Du, ob Dein Pferd jetzt in der Lage ist, Deinen Bewegungen und Gesten zu folgen. Wir befinden uns auf einer Ebene, wo es um viel Vertrauen geht.
Übungen mit dem Podest
Es mutet wie eine Zirkuslektion an, hilft dabei, dem Pferd Sicherheit zu gewinnen. Stell auf der Weide ein Podest auf. Groß genug, damit Dein Pferd darauf steigen kann. Diese Übung praktizierst Du ohne Seil, lass Dein Pferd Mut entwickeln. Geh mit Deinem großen Freund langsam zum Podest. Macht Dein Pferd Anzeichnen, dass es darüber hinweg springen möchte, bleib drei Meter davor stehen. Näher Dich dem Podest ruhig, indem Du kleine Schritte sowohl vorwärts als auch rückwärts durchführst. Dein Pferd soll Deinen Bewegungen folgen.
Kommst Du am Podest an, bleibst Du kurz stehen. Dann setzt Du einen Schritt vor, sodass Dein Pferd parallel einen Huf darauf setzen muss. Lob Deinen Partner und beweg Dich einen Schritt zurück, sodass Dein Pferd den Huf vom Podest herunternimmt. Beweg Dich weiter vor, damit Dein Liebling beide Vorderhufe auf das Podest stellt. Nach diesem Schritt ist ein kräftiges Lob fällig. Schließlich kostet es Dein Pferd Überwindung, mit solchen künstlichen Hindernissen umzugehen. Führe diese Übung durch, bis sich Dein Pferd aufgrund Deiner Vor- und Rückwärtsbewegungen vollständig auf das Podest begibt.
Ein Zirkelspiel

Für die Koordination des Pferdes ist das Zirkelspiel ideal. Dein Pferd lernt dabei, bestimmte Richtungen auf kleinstem Raum einzuschlagen. Diese Übungen führst Du ohne Leine durch, da die Basis- und die Freiübungen sitzen. Stell Dich neben Dein Pferd und beschreib beim Gehen einen weiten Kreis. Dabei bleibt das Pferd auf der Außenseite des zu beschreibenden Kreises. Es soll Deinen Bewegungen folgen. Zieh die Kreise enger, bis Du Dich selber auf der Stelle drehst. Dabei verlierst Du nicht Deine Geschwindigkeit aus dem Auge. Dein Pferd soll sich auf Augenhöhe bewegen. Halte mit Deiner Drehbewegung inne und weise mit dem ausgestreckten Arm Dein Pferd an, sich weiter zu bewegen. Dabei strahlst Du absolute Ruhe und Souveränität aus. Macht Dein Pferd ein paar weitere Schritte im Kreis, lob es ausgiebig. Verlänger die Übung, bis Dein Pferd einen vollständigen Kreis um Dich herum zieht.
Zu guter Letzt: freies Spielen auf der Weide
Hier kannst Du Dich ganz unbeschwert austoben und Dein Pferd so richtig herausfordern. Dafür bietet die Bodenarbeit mit Pferden beste Voraussetzungen. Ergänz Dein Vorhaben einfach mit einem kleinen Parcours aus Tonnen. Wenn Dein Pferd zu Dir kommt, läufst Du mit ihm über den Platz auf eine der Tonnen zu. Mit einer Armbewegung kannst Du Dein Pferd dazu bewegen, dass es auf der anderen Seite der Tonne vorbeiläuft, aber dabei auf Deiner Höhe bleibt. Danach kannst Du probieren, ob Dein Pferd auf Deine Bewegung reagiert, wenn Du mal ein paar Schritte rückwärts machst. Bewegt sich Dein Pferd auf der anderen Seite der Tonne ebenfalls rückwärts? Prima, dann gewinnt Dein großer Freund echt großes Vertrauen zu Dir, denn Pferde machen nur ungerne Bewegungen in die Richtung, die sie nicht einsehen können. Rückwärts laufen ist eine echte Herausforderung.
Damit Dein Pferd wahrnimmt, wie sehr Du Dich mit ihm beschäftigst, lass es einfach zwischendurch herumtoben. Vorausgesetzt, es ist auf der Weide genug Platz vorhanden. Mach einfach mal die Bewegungen Deines Pferdes nach. Dein Pferd lockert dabei vollkommen auf und entspannt sich. Es erkennt die Beziehung zwischen Euch. Nutz die Gelegenheit und spiel mit Deinem Pferd und einem Ball oder tob einfach mit Deinem Liebling herum. Das Vertrauen Deines Pferdes baut sich immer mehr auf, mögliche Spannungen lösen sich und Du findest heraus, wie gut die Beziehung zu Deinem Pferd ist. Das Schöne an der Freiarbeit ist, dass Du Dich ohne Hilfsmittel wie Leine oder Halfter bewegst und nach Herzenslust spielen und kommunizieren kannst.
